Kategorien: Allgemein, Datenschutz, Recht und Tracking
Ende Juni 2020 wurde eine Abmahnung von einer Privatperson mit Unterlassungsaufforderung, Schadenersatzforderung, Androhung eines Gerichtsverfahrens sowie Meldung bei der Datenschutzaufsicht gegen ein deutsches Unternehmen erlassen, weil auf der Webseite des Unternehmens Google Analytics verwendet wurde.
Nicht nur Google Analytics ist übrigens betroffen, wie ein Fall aus dem Jahr 2022 zeigt. Das LG München sprach einem Kläger einen Unterlassungsanspruch und Schadenersatz von 100 Euro zu, weil eine besuchte Webseite Google Fonts eingebettet hatte.
Wer darf eine Abmahnung aussprechen?
Gegenstand der Abmahnung
Die Abmahnung, die sich gegen ein deutsches Unternehmen richtet, wurde uns zur Kenntnis gebracht. Eine Privatperson stellt darin zurecht fest, dass die Webseite der Firma, gegen die sich die Abmahnung richtet, Google Analytics einsetzt. Die Abmahnung wurde offensichtlich von der Privatperson selbst erstellt, nicht von einem Anwalt. Nichtsdestotrotz finden sich im Anschreiben zahlreiche rechtliche Hinweise und Rechtfertigungen für die abgemahnten Datenschutzverstöße.
Der Vorwurf, dass die betroffene Webseite DSGVO-Verstöße enthält, erscheint berechtigt, da der Einsatz des Google Tracking Tools dem EuGh Urteil vom 01.10.2019 widerspricht. Dieses Urteil vom EuGh wurde unlängst vom BGH bestätigt. Ein Urteil des LG Dresden aus 2019 bestätigt, dass Privatpersonen eine Abmahnung bei Google Analytics Verstößen erlassen dürfen.
Grundsätzlich ist sogar der rechtssichere Einsatz von Google Analytics nach Einholen einer Einwilligung mehr als fragwürdig. Nur ganz Mutige kämen wohl auf die Idee, hier eine Rechtssicherheit zu sehen. Schließlich ist eine Einwilligung nur rechtskonform, wenn diese genau erklärt, in welche Datenverarbeitungsvorgänge eingewilligt werden soll. Da diese Vorgänge niemand genau kennt (wahrscheinlich auch nicht Google selbst), kann eine Einwilligung nicht rechtskonform und DSGVO-konform eingeholt werden.
Forderung aus der Abmahnung
Der Abmahnende fordert mehrere Dinge, die allerdings bei Abmahnungen dieser Art üblich sind.
Zum einen wird eine Unterlassung gefordert. Interessanterweise sind formgleiche Verstöße ausdrücklich nicht in der vorgefertigten Unterlassungserklärung enthalten.
Mit der Unterlassung verbunden ist die Anpassung der Webseite des Abgemahnten. Dazu muss die Webseite aber erst einmal tiefgehend geprüft werden. Das gestaltet sich für viele bei mehreren hundert Unterseiten auf der Internetpräsenz als Herausforderung. Ganz abgesehen vom fehlenden Sachverstand bezüglich Datenschutz auf Webseiten.
Weiterhin wird ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 1500 Euro geltend gemacht.
Die Forderungen werden mit Urteilen, juristischen Kommentierungen und Äußerungen von Datenschutzbehörden belegt.

Zusätzlich wird anhand eines Quellcode-Abzugs der Webseite belegt, dass Google Analytics eingesetzt wird. Ein weiterer Abzug, der Facebook Cookies thematisiert, ist allerdings so undeutlich gegeben, dass er als unseriös bezeichnet werden darf. Dies auch deshalb, weil nach unserer Analyse der Webseite keine Facebook Tools und somit auch keine zugehörigen Facebook Cookies identifiziert werden konnten.
Als Frist für die Abgabe der Unterlassungserklärung werden drei Wochen gesetzt. Dies ist recht kulant, vergleicht man die oft angesetzte Frist von sieben Tagen nach Erhalt der Abmahnung.
Androhungen aus der Abmahnung
Es wird mit einem Gerichtsverfahren gedroht und deutlich gemacht, dass der Schadenersatzanspruch bei außergerichtlicher Einigung nicht die Höchstgrenze der möglichen Forderung darstellt.
Außerdem wird damit gedroht, den Vorfall bei einer Datenschutzbehörde zur Anzeige zu geben.
Beide Androhungen sind an sich gerechtfertigt. Inwieweit der o.g. Schadenersatzanspruch gerechtfertigt ist, muss geprüft werden. Schließlich wäre auch interessant zu wissen, ob der Abmahnende dies bereits mehrfach getan hat oder ob dies ein Einzelfall ist. Es ist schwer vorstellbar, dass eine Privatperson ein dutzend Abmahnungen mit einem Vorteilswert von jeweils 1500 Euro bei Verstößen, die dem Anschein nach nur rein abstrakt wirken, einfach so schreiben kann.
Fazit
Die Unterlassungserklärung sollte nicht abgegeben werden bzw. wenn, dann erst nach Konsultation eines Anwalts. Der Schadenersatz erscheint als zu hoch. Die Vorwürfe sind in Teilen unbegründet, der Hauptvorwurf ist aber zutreffend. Möglicherweise liegt dennoch eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung vor, etwa wegen des unbegründeten Verweises auf Facebook Cookies, wegen des Schadenersatzanspruchs oder etwa, weil der Abmahnende dieses Vorgehen möglicherweise systematisch betreibt.
Zumindest nach unserer ersten Recherche erscheint es so, als betreibe der Abmahnende keinerlei Internetpräsenzen, was ihn schwer angreifbar macht. Eine Gegenabmahnung oder die Androhung dieser scheidet deswegen wohl aus.
Wir empfehlen dringend, Google Analytics nicht mehr einzusetzen. Lesen Sie in unserem Beitrag, warum dies auch aus anderen als den rechtlichen Gründen sinnvoll erscheint.
Nach dem EuGH-Urteil zum Privacy Shield hat die Organisation NOYB (None of Your Business) von Maximilian Schrems 101 Beschwerden gegen Unternehmen in Europa eingereicht, darunter auch welche in Deutschland. Der Druckt wächst nach dieser auch als Schrems-II-Urteil bezeichneten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für die Datenschutzbehörden, die bisher in Teilen durch Untätigkeit glänzten, was Datenschutzverstöße im Internet angeht.
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Wir weisen darauf hin, dass wir Spezialisten für IT und Datenschutz auf Webseiten sind, aber keine Anwälte und somit auch keine Rechtsberatung geben. Die o.g. Schilderungen spiegeln unsere Sicht wider und sind ohne Gewähr. Fragen Sie einen Anwalt nach juristischen Einschätzungen. Fragen Sie uns, wenn sie eine datenschutzkonforme Webseite haben möchten!